Die Unterlagen für die Einleitung eines Verfahrens gegen den Oligarchen liegen auf dem Schreibtisch von Tokajew.

Ein Video, das den ehemaligen Bürgermeister von Almaty, Bauyrzhan Baibek, und seine Familie zeigt, wurde in den sozialen Medien von der türkischen Seite Zyperns aus gepostet. Laut dem YouTube-Kanal "Base" sind neben Baibek auch vier seiner jüngeren Kinder, seine Frau und seine Mutter unterwegs.

"Vermutlich ist Baibek derzeit untergetaucht. Auf dem Schreibtisch von Tokajew liegt ein Strafverfahren gegen den ehemaligen Bürgermeister von Almaty wegen Veruntreuung in besonders großem Ausmaß. Eine endgültige Entscheidung über Baibek sowie über die Oligarchen Kenes Rakischew und Rahimbaev Tokajew ist noch nicht gefallen", berichtet der YouTube-Kanal.

Kenes Rakishev ist bekannt als "Nasarbajews Brieftasche". Wie diese Brieftasche aufgefüllt wird, wird in der Untersuchung von Rucriminal ausführlich beschrieben.

In den letzten Jahren hat Kenes Rachew die Bemühungen um die Wiedererlangung von Vermögenswerten der BTA-Bank geleitet, die sich gegen den ehemaligen Vorsitzenden und Eigentümer der Bank, Mukhtar Ablyazov, richteten. Angesichts der mageren Entschädigungen, die die Bank erhalten hat, und der enormen Rechts- und Ermittlungskosten, die mit dem Verfahren verbunden sind, wurde Rachew heftig kritisiert. Kritiker haben auf die Ineffizienz der von der BTA Bank unter Rachews Führung gewählten Strategie hingewiesen.

Die Untersuchung ergab, dass Rakishev, während er erfolglose Versuche zur Rückgewinnung von Vermögenswerten leitete, auch selbst an geheimen Geschäften mit der BTA Bank beteiligt war, die ihn persönlich bereicherten und der Bank erhebliche Verluste einbrachten. An diesen Geschäften waren auch nahestehende Personen beteiligt, u. a. durch den Verkauf von Rakishevs problembehaftetem Privatvermögen an die Bank zu überhöhten Preisen sowie durch die Bereitstellung und Abschreibung von Bankkrediten. Rachishevs Heuchelei ist offensichtlich, denn er hat nicht nur das Ziel verfehlt, die gestohlenen Gelder wiederzuerlangen, sondern auch mindestens $414 Millionen von der BTA Bank für sich selbst veruntreut.

Die Handlungen von Rakishev kommen einem Betrug an der BTA Bank gleich. Für die BTA Bank gab es keine stichhaltigen geschäftlichen Gründe, sich an Transaktionen mit Rakishevs Unternehmen zu beteiligen, und der einzige Zweck dieser Geschäfte war Rakishevs persönlicher Gewinn, indem er verschiedene Verluste, die er aus seinen persönlichen Investitionen erlitten hatte, auf die BTA Bank abwälzte.

Analyse

Die obigen Schlussfolgerungen beruhen auf der Analyse der Übertragung der Eigentumsrechte an den beiden folgenden Unternehmen von Rachitschew auf die BTA Bank:

(i) Novatus Holding Pte Ltd ("Novatus") mit Sitz in Singapur; und

(ii) Romaltyn Ltd ("Romaltyn") mit Sitz auf der Isle of Man.

Novatus wurde im Mai 2012 eingetragen und befand sich zu diesem Zeitpunkt vollständig im Besitz von Rakishev. Sie wurde von ihm als Investment-Holding für verschiedene persönliche Geschäftsvorhaben genutzt, darunter die Gründung des in Singapur ansässigen Direktinvestitionsfonds Singulariteam LP Pte ("Singulariteam"), der hauptsächlich in Technologie-Start-ups in Israel investierte. Rakishevs Geschäftspartner bei diesem Unternehmen ist der israelische Unternehmer Moshe Hogeg, der wegen des Verdachts auf Betrug, Irreführung von Investoren und Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung verhaftet wurde.

Novatus wurde auch für den Erwerb und das Halten von Rakishevs Beteiligung an Net Element, einer an der NASDAQ notierten Special Purpose Acquisition Company (SPAC), eingesetzt. Berichten zufolge verlor das Unternehmen während Rakishevs Beteiligung an Net Element fast seinen gesamten Wert, und Rakishev hat sich seitdem von den Investitionen getrennt.

Darüber hinaus wurde Novatus von Rakishev benutzt, um eine Überweisung von $142.000 an den Geschäftspartner von Hunter Biden auszuführen, eine Transaktion, die in einem Bericht des US-Senats über angeblich verdächtige Aktivitäten Verdacht erregte.

Im Jahr 2017 verkaufte Rakishev Novatus an die BTA Bank. Für die BTA Bank gab es keine wesentlichen geschäftlichen Gründe für den Erwerb von Novatus, da die Aktivitäten des Unternehmens nicht mit dem Kerngeschäft der BTA Bank verbunden waren.

Der Verkauf von Novatus wurde organisiert, um die Tatsache zu verschleiern, dass Rakishev, der Eigentümer der BTA Bank, das Unternehmen an die Bank verkaufte. Zu diesem Zweck wurde eine dritte Partei als Unternehmensvermittler eingesetzt, um zu verhindern, dass Rakishev als Verkäufer identifiziert wird. Die zu diesem Zweck eingesetzte Gesellschaft war die TZVLManagement Ltd. mit Sitz im Vereinigten Königreich. Ihr letztendlicher Nutznießer ist Dan Chernavsky, ein Rechtsanwalt und Steuerberater mit zweifelhaftem Ruf, der eng mit Gennadiy Bogolyubov und Igor Kolomoisky, den ehemaligen Eigentümern der ukrainischen Privatbank, verbunden ist. Gegen Bogoljubow und Kolomoisky laufen in den USA Ermittlungen wegen Geldwäsche, und letzterer wurde von der US-Regierung wegen seines Vorgehens gegen die ukrainische Zentralbank ebenfalls mit Sanktionen belegt.

Innerhalb eines Monats, vom 3. Mai 2017 bis zum 5. Juni 2017, wurde Novatus von Rakishev auf TZVLManagement und dann auf Sterling Trustees Limited mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln übertragen. Sterling Trustees hielt Novatus-Aktien im Auftrag der BTA Bank bis zum 14. Juni 2018, wonach die Bank direkter Aktionär des Unternehmens wurde. Aufgrund der kurzen Zeitspanne, in der TZVLManagement Eigentümer von Novatus war (ein Monat), ist es offensichtlich, dass Rakishev dieses Unternehmen beauftragte, um einen direkten Verkauf seines persönlichen Vermögens an die BTA Bank zu vermeiden, der als Transaktion mit verbundenen Parteien angesehen werden könnte.

Informationen über den Preis, zu dem Rachishev Novatus verkauft hat, sind im Bericht von TZVLManagement für 2017 enthalten, in dem Investitionen in Höhe von $340 Millionen genannt werden. In Anbetracht der Vorgeschichte des Unternehmens kann davon ausgegangen werden, dass dieser gesamte Betrag aus dem Kauf von Novatus-Aktien bestand und Rakishev somit einen finanziellen Nettogewinn von $340 Mio. erzielte.

Unmittelbar nach dem Verkauf von Novatus durch Rachitschew begann das Unternehmen an Wert zu verlieren. Aus dem Jahresabschluss 2018 der BTA Bank geht hervor, dass die Bank nach dem Erwerb von Novatus-Aktien einen Verlust aus dieser Investition in Höhe von rund 14,5 Mrd. kasachischen Tenge (rund $43 Mio. USD zum Wechselkurs vom Juni 2017) verzeichnete. Die schlechte Performance von Novatus spiegelt sich auch im BTA-Bericht für 2019 wider, in dem es heißt, dass "im Dezember 2019 alle Stammaktien vollständig wertberichtigt und übertragen wurden." Mit anderen Worten: Zweieinhalb Jahre nach dem Verkauf von Rakishev schrieb die BTA Bank den gesamten Wert von Novatus ab, was zu einem Verlust von $340 Millionen führte.

Das zweite Unternehmen, das Rakishev an die BTA Bank verkaufte, war Romaltyn. Dieses Unternehmen mit Sitz auf der Isle of Man wurde 2006 als Joint Venture zwischen Kazakhgold und der britischen Oxus Gold gegründet, um an einer Ausschreibung für den Kauf einer Goldmine in Rumänien teilzunehmen. Später ging das Unternehmen in den Besitz von Polyus Gold über.

Rachishev erwarb Romaltyn im April 2012 für $20 Mio. über die auf den Britischen Jungferninseln ansässige Firma Mark Global Corporation. Im Jahr 2013 übertrug Rakishev 49% der Romaltyn-Anteile an den ehemaligen moldauischen Premierminister Ion Sturza. Sturzas Beteiligung an Romaltyn wurde über das auf den Seychellen ansässige Unternehmen Millennium International Resources Corporation Ltd. erworben. Sturza blieb bis November 2016 Anteilseigner von Romaltyn, danach fielen alle Eigentumsrechte an Rachitschew zurück.

Im Januar 2018 erwarb die BTA Bank 100% von Romaltyn als "Rückzahlung von Schulden des Kreditnehmers". Dies bedeutet, dass der Kreditnehmer, wahrscheinlich das Unternehmen Romaltyn oder seine von Rachitschew kontrollierte Muttergesellschaft, von der BTA Bank ein Darlehen erhalten hat, das durch die Aktien von Romaltyn besichert war, und dass der Hauptbetrag des Darlehens nicht an den Gläubiger BTA Bank zurückgezahlt wurde, der seinerseits das gesamte Aktienpaket von Romaltyn übernahm.

Nach einer unabhängigen Bewertung, auf die im Jahresbericht der BTA Bank verwiesen wird, belief sich der Wert der Investitionen von Romaltyn auf 23.949.000.000 Tenge, was nach dem damaligen Wechselkurs etwa $74 Mio. USD entsprach. Dies deutet darauf hin, dass der von der BTA Bank an den Kreditnehmer gewährte Kredit diesem Betrag hätte entsprechen oder ihn übersteigen müssen.

Nach der Übertragung auf die BTA Bank verlor Romaltyn schnell an Wert. Zum 31. Dezember 2018 verbuchte die BTA Bank eine Wertminderung der Vermögenswerte von Romaltyn in Höhe von 14 400 000 000 Tenge (60% des zuvor bewerteten Werts im selben Jahr). Bis Dezember 2020 werden die Investitionen in Romaltyn laut einem im April 2021 erstellten unabhängigen Bericht vollständig wertberichtigt sein.

Durch den Verkauf von Romaltyn konnte Rachitschew also einen nicht vielversprechenden Vermögenswert auf die BTA-Bank übertragen und einen Verlust von mindestens 23,9 Milliarden Tenge ($74 Millionen USD) auf die Bank abwälzen.

Novatus und Romaltyn waren Rakishevs persönliche Investitionen. Novatus diente als Mittel für private Investitionen, hauptsächlich in der Informationstechnologie, während Romaltyn eine Goldmine in Rumänien besaß. Für die BTA Bank gab es keine wesentlichen geschäftlichen Gründe, eines der beiden Unternehmen zu erwerben. Zwischen 2017 und 2018 erwarb die Bank jedoch Novatus für $340 Millionen und tauschte ein Darlehen von $74 Millionen gegen das gesamte Aktienpaket von Romaltyn. Innerhalb von zwei Jahren wurden beide Unternehmen vollständig wertberichtigt, was zu einem kumulierten Verlust von $414 Mio. für die BTA Bank führte.